Liebe & Beziehung Blog
Blogbeiträge aus der Paarberatung
Und ZACK - weg ist er. Bindungsangst erkennen
Und ZACK - weg ist er.
Kein Anruf, keine Nachricht, kein „…schreibt“, keine blauen Häkchen. Funkstille.
Nach den schönsten Momenten, gemeinsamen Wochenenden, Urlauben oder spätestens beim nächsten Schritt in Richtung Verbindlichkeit (Zusammenziehen, Kinder oder Heirat) taucht der oder die Geliebte plötzlich unter. Was ist bloß passiert?
Partner:innen von beziehungsängstlichen Menschen kennen dieses Panik-Ghosten nur allzu gut. Aber was steckt dahinter?
Wenn ein Mensch große Angst verspürt, sich auf eine tiefe und verbindliche Liebesbeziehung einzulassen, spricht man von Bindungsangst.
Gleichzeitig handelt es sich bei Bindungsphobie aber auch um einen Selbstschutz, den Betroffene aufgebaut haben, um als Kind in ihrer Herkunftsfamilie bestmöglich zu (über)leben. Diese Selbstschutz-Strategie prägt die Erwachsenenbeziehung oft fundamental - im Negativen.
Der Wunsch nach Bindung und Nähe ist uns Menschen in die Wiege gelegt. Haben wir aber in unserer Kindheit gelernt, dass zu viel Nähe auch Gefahr bedeutet, verzweifeln wir als Erwachsene an dieser Ambivalenz. Die gesunde Balance zwischen Freiheit und Geborgenheit konnte nie gelernt werden. Diese Zerrissenheit im Fühlen ist es, die sich als Zickzack im Verhalten zeigt und einen Betroffenen nach anfänglichem beziehungstechnischem Vollgas, ganz plötzlich auf die Bremse springen lässt.
Meist sind Bindungsängstliche nämlich die, die am Beginn der Beziehung ALLES geben. Sie sind die besten Eroberer und Verführer, und es gibt für sie kaum etwas, das mehr Reiz auslöst, als das „Erlegen der Beute“. Bereits nach wenigen Wochen scheint aber die berauschende Verliebtheit plötzlich zu schwinden oder die Vorstellung einer glücklichen Beziehung am Realitätscheck zu scheitern. "Ist das wirklich die Richtige für mich?“.
Woran erkennt man Bindungsangst?
Die Symptome sind vielfältig. Wesentlich ist aber der sehr abrupte Wechsel von Nähe und Distanz, der für die Partner:innen von Bindungsängstlichen - oft nur zu Beginn - überraschend ist, aber enorm belastend bleibt. Sie schlagen sich mit Unsicherheit, Selbstzweifel und einer massiv verstärkten Sehnsucht nach der geliebten Person herum, die fehlende Verbindlichkeit und Verantwortung ist für sie unverständlich.
Auf Seite der Betroffenen fühlt sich Bindungsangst vielmehr wie eine unstillbare Sehnsucht nach Freiheit an. Wie keine Luft bekommen, erdrückt werden, aufgesogen und inhaliert werden bis hin zum völligen Verlust des Selbst. Die einzig mögliche Reaktion darauf: Flucht.
Aber nicht nur in den Anfangsphasen von Beziehungen wird diese Angst zur Herausforderung - es gibt auch viele Bindungsängstliche, die verheiratet sind und im Rahmen der Ehe regelmäßig abtauchen oder flüchten müssen.
Die gute Nachricht: Bindungsangst ist kein lebenslanges Urteil. Es gibt Hilfe - sowohl für die Betroffenen als auch für deren Partner:innen.
Für besonders Interessierte kann ich zum Hineinschnuppern auch das „Adult Attachment Interview“ (AAI, Erwachsenen-Bindungs-Interview) empfehlen. Die (offenen und umfangreichen) Fragen dieses Interviews ermöglichen eine Annäherung (kein Ergebnis!) an die relevanten Themen: Hier taucht man tief in die eigene Kindheit und die Beziehung zu den Eltern ein. Denn diese hat unser Bindungsverhalten geprägt.
Habt ihr Fragen dazu? Meldet euch bei mir, ich freue mich auf euch.
Verzeihen ist ein Prozess. Warum eigentlich?
„Es tut mir leid, aber das habe ich jetzt schon hundert Mal gesagt.“
In der Theorie wäre es einfach: Auf eine Verletzung folgt eine Entschuldigung, auf die Entschuldigung folgt die Versöhnung. Alles wieder gut. Oder fehlt in dieser Aufzählung etwas? Ja, etwas Wesentliches: Das Verzeihen.
Gerade von Seiten der "Verursacherin" oder des „Verursachers“ wird dies manchmal fast vergessen. Denn am liebsten sollte es ja gleich wieder so weitergehen, als wäre alles wieder gut. Aber selbst wenn die Entschuldigung – oder im Idealfall die fünf Wiedergutmachungen, wie in den vorangegangenen Teilen dieser Serie beschrieben – ehrlich, aufrichtig und gefühlvoll war, braucht es zum Verzeihen noch etwas mehr.
1. Schmerz ausdrücken: Das Wichtigste vorne weg: Die verletzte Person muss ihren Schmerz ausdrücken können. Das braucht sowohl Raum, als auch Zeit und vor allem Worte. Erst wenn diese Möglichkeit gegeben ist und der Schmerz von der verursachenden Partnerin oder dem Partner gesehen und gehört wurde, ist verzeihen überhaupt möglich.
Warum? Durch das Hören und Sehen der Verletzung, fühlt sich die verletzte Person mit dem Schmerz nicht mehr alleingelassen und spürt, dass die oder der verursachende PartnerIn „mitfühlt“.
2. Mitfühlen: Genau dieses Mitfühlen ist es, das die positive Wende ermöglicht: Es ist deshalb so wichtig, weil die oder der Verletzte dadurch spürt, dass sie oder er dem oder der PartnerIn nicht egal ist. Das ist für die Bindungsbedürfnisse und den Heilungsprozess maßgeblich. Wenn die Partnerin oder der Partner versteht, dass das Erlebte für den anderen schlimm war, kann man außerdem davon ausgehen, dass es nicht wiederholt wird. Das vermittelt Sicherheit.
3. Fehlendes nachholen: Gleichzeitig passiert aber noch etwas anderes: Sobald die oder der Verletzte ausdrücken kann, wie groß der Schmerz, die Angst oder die Ohnmacht waren, wird es auch möglich zu sagen, was sie oder er in dieser Situation gebraucht hätte. Die Partnerin oder der Partner kann in diesem Moment nun mit der Empathie, dem Mitgefühl und dem Verständnis reagieren, das vorher gefehlt hat - dadurch kann die Situation dieses Mal „gut“ ausgehen bzw. wieder „gut werden“.
Verletzungen sind aber nicht immer auch als Verletzung erkennbar. Sehr oft tauchen sie in Form von Rückzug, Vorwürfen und Kritik auf. Üblicherweise reagiert die oder der PartnerIn darauf meist ähnlich: mit Gegenvorwürfen, (noch mehr) Kritik oder (noch drastischerem) Rückzug. Die Situation schaukelt sich hoch, ein Teufelskreislauf entsteht. Statt der beiderseits dringend benötigten Annäherung, driftet das Paar immer weiter auseinander.
Was hilft in so einer Situation? Ganz klar: der Blick auf die Bedürfnisse – sowohl auf die eigenen als auch auf die der Partnerin oder des Partners. „Ich wünsche mir von dir/ ich brauche…, das würde mir wirklich helfen.“ „Du wirkst als ob du …, was brauchst du von mir, wie kann ich dir wieder Sicherheit/Liebe/Vertrauen/… vermitteln?“
Nur wenn wir „bindungsorientiert“ miteinander umgehen, können wir große Zerwürfnisse und Entfremdung innerhalb der Partnerschaft größtenteils vermeiden und glückliche und zufriedene Beziehungen führen. „Bindungsorientiert“ bedeutet, dass wir uns selbst und der Partnerin oder dem Partner zugestehen, dass wir als Menschen alle das Bedürfnis haben, uns gut aufgehoben, geliebt, wertgeschätzt und verbunden zu fühlen. Nur so leben wir glücklich miteinander. Manchmal sogar „bis dass der Tod uns scheidet.“
Sorry seems to be the hardest word. Warum fällt Entschuldigen so schwer?
Sich entschuldigen ist etwas, das vielen Menschen sehr schwerfällt. Ganz egal ob es dabei um Entschuldigungen im Freundeskreis, im Job, in der Familie, bei den eigenen Kindern oder bei der Partnerin oder dem Partner geht. Warum ist das so?
Sich zu entschuldigen lernt man vor allem durch Vorbilder, daher ist es umso wichtiger, dass Eltern sich bereits bei ihren Kindern aufrichtig und häufig entschuldigen. Viele Menschen haben das in ihren Familien aber nie gelernt und tun sich daher schwer damit, Stolz, Ego, Angst oder Verunsicherung beiseite zu schieben und ein aufrichtiges „Es tut mir leid“ zu formulieren.
Sich beim Gegenüber zu entschuldigen, bedeutet die Verantwortung für das Gesagte bzw. Getane zu übernehmen. Unabhängig davon, ob etwas absichtlich oder unabsichtlich passiert ist.
Dabei ist es aber keinesfalls egal, wie man sich entschuldigt. Geschieht es nicht (auf)richtig, eskaliert die Situation meistens noch weiter, anstatt sich zu beruhigen.
So entschuldigen Sie sich richtig:
- Übernehmen Sie die Verantwortung
- Und statt Aber: Bringen Sie Veränderung statt Verteidigung
- Drücken Sie Bedauern, Verständnis und Mitgefühl aus
1. Übernehmen Sie die Verantwortung
„Es tut mir leid, dass ich so unhöflich, respektlos, grob, egoistisch (…) zu dir war“.
Dabei ist das „Ich… war“ der Schlüsselfaktor, denn nur damit übernehmen Sie die Verantwortung für das Geschehene. Auch bei Entschuldigungen sind „Ich Botschaften“ von enormer Bedeutung.
Ein „Es tut mir leid, dass du enttäuscht/verletzt bist“ ist keine Entschuldigung. Es kann sogar am Ziel vorbei gehen, weil es den Fokus nur auf die Gefühle bzw. die Reaktion der Verletzen oder des Verletzten legt, dabei aber die Aktion selbst auslässt und die Verursacherin oder der Verursacher sich so sehr leicht schuldfrei halten kann.
Wenn die Verantwortung nicht übernommen wird, kann die verletzte Partnerin oder der Partner die Entschuldigung nicht annehmen, bzw. will es auch gar nicht, weil dann der so wichtige Ausgleich zur Verletzung fehlt.
2. Veränderung statt Verteidigung - „Und statt Aber“
In einer richtigen Entschuldigung taucht das Wort „aber“ niemals auf. Ein „aber“ ist eine Verteidigung und kann daher niemals eine Entschuldigung sein. Anstelle der Verteidigung sollte vielmehr die notwendige Veränderung kommuniziert werden: „Es tut mir leid, aber ich… “ muss ersetzt werden durch „Es tut mir leid und ich werde das nächste Mal anders/ besser … “
3. Bedauern, Verständnis und Mitgefühl ausdrücken
Das bedeutet, dass sie deutlich zeigen und aussprechen, dass Ihnen der Schmerz Ihrer Partnerin oder Ihres Partners zu Herzen geht. „Ich habe dich enttäuscht, ich war nicht für dich da, ich habe dich mit deinen Sorgen allein gelassen… du hast jedes Recht und allen Grund wütend zu sein… mir fällt es nicht leicht das zu sagen, aber ich weiß, wie sehr ich dich verletzt habe… es tut mir wirklich leid.“
Je mehr aufrichtige Reue Sie Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner zeigen, desto leichter kann er Ihre Entschuldigung annehmen.
Und dann ist alles gleich wieder gut?
Nein - denn Verzeihen ist ein Prozess, der von beiden Parteien etwas abverlangt.
Wie das geht? Mehr dazu im nächsten Teil dieser Serie.
Ein Beziehungs-Foul braucht fünf Wiedergutmachungen
Warum ist die Wiederannäherung nach einem Streit zum Teil langwierig, und warum macht sich nach einer Auseinandersetzung oft Skepsis anstelle von Vertrauen breit?
Der amerikanische „Paarforschungspapst“ John Gottman hat als Antwort darauf eine einfache Formel gefunden:
1:5 - Ein Foul braucht fünf Wiedergutmachungen.
Gottman und sein Team haben in großangelegten Studien über viele Jahrzehnte hinweg etwas herausgefunden, was zwar viele PaarberaterInnen wissen, sich aber noch wenig unter den Paaren selbst herumgesprochen hat: Für jede negative Äußerung oder Handlung gegenüber der Partnerin oder dem Partner, müssen fünf positive Dinge gesagt oder getan werden.
Untersucht wurden dazu Puls, Atmung, Mimik und Gestik von Paaren während ihrer Interaktion. Auf Basis der Auswertungen wurden die StudienteilnehmerInnen in „glückliche Paare“ und „unglückliche Paare“ eingeteilt. Die glücklichen Paare waren nach sechs Jahren immer noch (glücklich) zusammen, die meisten unglücklichen Paare hingegen waren getrennt oder weiterhin (gemeinsam) unglücklich.
Dabei kamen eindeutige Ergebnisse zum Vorschein: Auch wenn die unglücklichen Paare in den Interviews nach Außen entspannt wirkten und sich die Gespräche um alltägliche und angenehme Dinge in ihrer Beziehung gedreht haben, zeigten die Messungen aktive Schweißdrüsen, erhöhten Puls und hohen Blutdruck.
Was lässt sich daraus für den Alltag ableiten?
Wenn Sie in einer unglücklichen Beziehung sind, ist Ihr Kampf- oder Fluchtmodus zum Großteil aktiviert, selbst dann, wenn Sie sich nur in der Nähe Ihrer Partnerin oder Ihres Partners befinden. Hoher Puls, gesteigerte Aggressivität, jederzeit bereit für Angriff oder Abwehr - kommt Ihnen das bekannt vor?
Als eines der Hauptergebnisse dieser Untersuchung wurde festgestellt, dass glückliche Paare sich von unglücklichen vor allem dadurch unterscheiden, dass das Verhältnis von positiven zu negativen Momenten 5:1 beträgt. In unglücklichen Partnerschaften liegt das Verhältnis von guten zu schlechten Momenten bei 1:1 oder geringer. Das klingt im ersten Moment nicht dramatisch, ja sogar fast ausgeglichen und fair – es ist für den weiteren Verlauf der Beziehung aber maßgeblich.
Was bedeutet das konkret? 1x Kritik braucht 5x Lob. 1x Zurückweisung braucht 5x aktive Zuwendung. 1x Verletzung braucht 5x ehrliches Bemühen.
Verglichen mit einem Konto bucht ein negatives Erlebnis also fünfmal so viel ab, wie ein positives Erlebnis einzahlt. Das erklärt auch, warum eine Entschuldigung – so ehrlich sie auch gemeint ist – oft nicht reicht.
Die Formel ist einfach zu merken – die Menge an Wiedergutmachungen macht es letztendlich aus. Aber was ist mit der Art, wie man sich entschuldigt? Wie geht „richtiges“ Entschuldigen und worauf kommt es dabei an?
Mehr dazu im nächsten Teil dieser Serie.
Wie versöhnt man sich nach einem Streit?
„Wie lange willst du mir das noch vorwerfen?“
Vor allem Frauen wird bei Streitigkeiten ein Elefantengedächtnis nachgesagt. Sie wissen oft nicht nur den genauen Moment, sondern auch noch Uhrzeit, Wetter und exakten Ort, als „der“ eine Satz oder „die“ unvergessliche Sache damals passiert sind.
Auch Männern geht es manchmal so – wenn auch deutlich seltener.
Warum können wir uns oft noch – selbst wenn es Jahre zurück liegt– haargenau daran erinnern, wie unser Partner uns in einer konkreten Situation verletzt hat, aber nicht daran, wann wir zuletzt gemeinsam gelacht haben?
Dass uns negative Ereignisse so gut im Gedächtnis bleiben, „verdanken“ wir der Evolution. Früher haben die Menschen nur dann überlebt, wenn sie sich an negative Erlebnisse bzw. Gefahrensituationen erinnert haben und dadurch das nächste Mal besser reagieren konnten. Von genau diesem Mechanismus profitieren wir heute noch – auch wenn es dabei zum Glück sehr selten um Leben und Tod geht. Es reicht die heiße Herdplatte.
Negatives gut in Erinnerung zu behalten ist uns also grundlegend von großem Nutzen. Dabei kann unser Gehirn natürlich nicht unterscheiden, ob es sich um physische Verletzungen, wie die Brandverletzung vom heißen Herd oder um emotionale Verletzungen handelt.
Selbstverständlich speichert unser Gehirn aber nicht nur negative, sondern auch alle positiven Momente ab, die wir erleben. Im Unterschied zu den negativen tut es sich mit dem Abrufen der schönen Erinnerungen allerdings schwerer. Oder wissen Sie noch genau, wann Ihr Partner zum ersten Mal „Ich liebe dich“ gesagt hat?
Schlechte Erinnerungen spielen schlichtweg eine viel wichtigere Rolle für unser Überleben und unsere Entwicklung als positive – und beschäftigen uns daher auch (viel) länger.
Aber nicht nur die Erinnerung an emotionale Verletzungen, sondern auch die kränkenden Worte selbst passieren oft aus evolutionsbiologisch nachvollziehbaren Gründen: Wenn wir uns bedroht fühlen - was bei einer Meinungsverschiedenheit oder einem Streit sehr schnell der Fall sein kann – aktiviert unser Gehirn den Kampf-, Flucht- oder Totstellmodus („Fight, Flight, Freeze“): Atmung, Herzschlag, Durchblutung und die aktivierten Hormone machen es möglich, dass wir in Sekundenschnelle reagieren können. Wird der Kampfmodus aktiv, schießen wir – egal ob mit Pfeil und Bogen, oder mit Worten. Sobald wir danach wieder klar denken können – uns gehirnphysiologisch abgekühlt haben – bereuen wir das Gesagte meist und versuchen auch genau das zu erklären: dass wir die Dinge nur „im Affekt“ gesagt hätten und sie gar nicht so gemeint waren.
Für die Verletzung unseres Gegenübers ist das aber meist irrelevant.
Egal ob absichtlich oder nicht: Negative Erlebnisse speichern wir nicht nur länger, die Verletzungen können darüber hinaus tief gehen und großen emotionalen Schmerz verursachen.
Was brauchen beide Partner in solchen Momenten, um sich wieder näher kommen zu können? Mehr dazu im nächsten Teil dieser Serie.
Ein Leben lang treu?
Ein Leben lang treu.
Schafft man das?
Schwäne gelten als lebenslang treu. Früher wurden Eheringe sogar in Schwanennester gelegt, um sie bebrüten zu lassen - die Treue des Partners sollte dadurch versichert werden.
ABER☝🏻: Jedes 6. Schwanenbaby ist das Produkt einer Affäre - das haben Wissenschaftler durch DNA-Tests herausgefunden.
Aus und vorbei also mit den Handtuchschwänen auf den Betten der Honeymoon-Suiten?
Unter den Menschen ist Monogamie das am weitesten verbreitete Beziehungsmodell. Obwohl sie biologisch betrachtet nicht in unserer Natur liegt, bietet sie doch unzählige Vorteile und hat sich über Jahrtausende hinweg bewährt.
Weshalb?
Nicht nur die christlichen Wertvorstellungen haben dazu beigetragen, hauptsächlich ist es der Erziehungsaufwand - je mehr Kinder desto nachvollziehbarer. Dieser hat dafür gesorgt, dass sich in vielen Kulturen die Monogamie als „normale“ Lebensform durchgesetzt hat.
Dass man bei Monogamie zwischen sozialer und sexueller M. unterscheiden kann, ist vor allem in den vergangenen Jahren wieder Thema geworden. Seither gibt es nämlich den Begriff der Polyamorie. Polyamore Menschen gehen mit mehreren Partnern nicht nur körperliche, sondern auch emotionale Beziehungen ein - und leben dies offen. Der Familienalltag wird individuell geregelt.
Ist das nun die Lösung für alle brav verheirateten Paare, die sich einander langsam überdrüssig werden oder sich in ihren Beziehungen langweilen?
Weit gefehlt. Schätzungen aus dem angloamerikanischen Raum zufolge bezeichnen sich nur fünf Prozent der Menschen als polyamorös. Nur ein Zehntel davon lebt auch tatsächlich so und ein noch viel geringerer Anteil bekennt sich auch öffentlich zu dieser Beziehungsform.
Wie macht man das nun mit der Treue?
Tatsächlich ist Treue immer noch eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine glückliche Partnerschaft. Auch bei der Partnerwahl rangiert diese Eigenschaft nach wie vor im Spitzenfeld - sie ist für die meisten sogar eine Selbstverständlichkeit.
Aber was macht einen Menschen treu?
Bzw. die noch viel spannendere Frage: Was macht sie oder ihn untreu?
Laut Forschern der University of North Carolina ist es die individuelle Selbst- bzw. Impulskontrolle, kombiniert mit der persönlichen Wichtigkeit von Attraktivität. Das heißt:
Untreue Partner verfügen über eine geringere Impulskontrolle und achten mehr auf attraktive Menschen.
Meiner Meinung als Paarberaterin (und auch meiner persönlichen Erfahrung) nach, geht die Frage über Treue und Untreue in der Partnerschaft aber noch viel weiter in das Beziehungleben und vor allem in die Bindungserfahrung hinein.
Wie wohl, sicher und glücklich fühle ich mich in meiner aktuellen Beziehung?
Und: Welche Art der Bindung habe ich sowohl in der Beziehung zu meinen Eltern als auch zwischen ihnen erlebt?
Diese Prägungen aus dem Elternhaus entscheiden nicht nur, welcher Bindungstyp wir sind (sicher, ängstlich oder vermeidend), sondern sie dienen auch als elterliche Vorlage für uns, die wir in unseren eigenen Beziehungen so gut es geht nachahmen und kopieren. Meistens aber ganz unabhängig davon, ob wir sie gut oder schlecht finden. Beides prägt unseren Beziehungsalltag wesentlich. Wir ahmen das nach, was wir gesehen haben - a la Enten- bzw. Schwanenküken.
Du möchtest wissen, wie diese Dynamiken bei dir und in deiner Beziehung wirken oder wie du mit Untreue in deiner Partnerschaft umgehen sollst?
Melde dich gerne bei mir.
👉🏻 Die Schwäne auf dem Foto hängen in der wunderschönen Altstadt in Gmunden und fliegen fast direkt zu meinem Praxisfenster herein. 🦢
Quellen:
Bowlby, John: Frühe Bindung und kindliche Entwicklung. Ernst Reinhardt Verlag, München 2001
Brady, A., Baker, L. R., & Miller, R. S.: Look but don't touch? Self-regulation determines whether noticing attractive alternatives increases infidelity. Journal of Family Psychology, 34(2), 135–144. 2020
ORF: science.orf.at „So leben und lieben die Polyamoren“ 2019
Was wünschen sich Frauen und Männer in Beziehungen am meisten?
Was wollen Frauen und was wollen Männer? Und können beide dabei gewinnen?
Was Frauen in Beziehungen wollen:
Emotionale Nähe und Verbindung.
Sie wollen sich gehört und verstanden fühlen, sie wollen sich auf den Partner verlassen können. Ist er da, wenn ich ihn brauche? Versteht er, was ich meine? Ist es ihm wichtig, was ich fühle?
Was Männer in Beziehungen wollen:
Weniger Streit und mehr Sex.
Gute Stimmung, Entspannung, flache Bälle und wenig Aufregung.
So klischeehaft – so gut. Kann das stimmen?
Tatsächlich geben die meisten Paare diese Antworten auf die Frage „Was fehlt dir, bzw. was wünscht du dir in deiner Beziehung am meisten?“
Die Unterschiedlichkeit in diesen Wünschen erscheint enorm groß. Sind Männer und Frauen wirklich so weit voneinander entfernt – und so verschieden?
Nein. Der gemeinsame Nenner ist viel größer, als es auf den ersten Blick erscheint, und mit etwas Distanz durchaus zu erkennen:
Zum einen liegt auf beiden Seiten das Bedürfnis nach mehr Nähe dahinter – zum anderen aber vor allem auch ein beidseitiges „angenommen werden wie man ist“. Nur eben in unterschiedlichen Ausprägungen oder aus entgegengesetzter Richtung.
Bleiben wir bei der körperlichen Nähe in Beziehungen: Viele Frauen brauchen mehr emotionale Nähe für Sex. Viele Männer brauchen Sex für mehr emotionale Nähe. Auch das klingt nach Klischee oder vielleicht sogar nach einer Ausrede – es ist aber mehr dran als man glaubt.
Wie löst man diesen Kreislauf auf? Auf wessen Wünsche wird zuerst eingegangen? Wer beginnt? Und wer gewinnt?
Die Antwort ist einfach: BEIDE – zu gleichen Teilen.
Für Männer gilt:
Baut emotionale Nähe zu euren Frauen auf. Ohne diese wird es nicht gehen. An dieser Nähe führen zwar viele Wege vorbei, aber keiner davon führt in eine harmonische Beziehung. Versprochen.
Wie geht das?
Baut euren Schutzwall ab, macht auf und zeigt euch. Erzählt wie es euch geht, was ihr denkt und fühlt, wovor ihr Angst habt und wo ihr unsicher seid. Bleibt da und weicht nicht aus.
Warum ist das so schwer?
Viele Männer sind immer noch enorm stark in Leistungssystemen gefangen. Das beginnt mit ihrer Sozialisation „ein Indianer kennt keinen Schmerz“, „über Gefühle reden ist uncool und unmännlich“, und geht bis zur Dauer(über)forderung im Vollzeitjob: Bloß keine Schwäche zeigen.
Aber genau um diese vermeintlichen „Schwächen“ geht es:
Erzählt eurer Partnerin was euch wirklich bewegt und worüber ihr euch Gedanken macht. Und fragt sie (regelmäßig!) danach, wie es in ihrem Inneren aussieht. Hört zu, nehmt euch Zeit, seid aufmerksam und präsent und zeigt Verständnis – egal worum es geht.
Ihr wünscht euch weniger Streit und mehr Sex?
Probiert diesen Weg und bleibt dran – ihr werdet überrascht sein, wie sehr sich eure Beziehung und eure Zufriedenheit alleine dadurch verbessern.
Für Frauen gilt:
Sagt euren Männern, was ihr braucht und was ihr euch wünscht. Auch wenn ihr schon vor Jahren damit aufgehört habt, weil es "eh nur Kraft und Energie gekostet, aber keine Veränderung gebracht hat."
Die Devise lautet:
(Konkreter) Wunsch statt (allgemeiner) Vorwurf!
„Ich wünsche mir gerade…“ statt „Ich will nicht, dass du immer…“
Das Wichtigste dabei: Sagt es ruhig und respektvoll. Bringt zum Ausdruck, worum es euch genau geht und wie wichtig eure Bedürfnisse und Anliegen sind. Ohne Drama, ohne Furiosität, Zorn, Wut, Drohungen oder Gewitter. Bleibt beständig dran, seid nachdrücklich, bestimmt, klar und ehrlich. Bleibt auf Augenhöhe. Und hört nicht auf damit, bis ihr Veränderung bemerkt.
Ihr wünscht euch emotionale Nähe und Verbindung? Dieser Wunsch ist nicht nur legitim, er ist auch erfüllbar. Lasst euch nicht vom Gegenteil überzeugen.
Ich will ehrlich sein: Bis zum Win-Win ist der Weg nicht immer leicht. Aber er zahlt sich aus. In jeglicher Hinsicht.
Wenn ihr Unterstützung braucht, meldet euch bei mir. Mit Paarberatung (zu zweit) oder Beziehungscoaching (alleine) ist mehr möglich, als man denkt.
Was findet eine Paarberaterin in Paris?
Was hat es auf sich, mit der Stadt der Liebe?
Wenn man als Paarberaterin Urlaub in Paris macht, dann ist das nicht nur privat traumhaft schön, sondern gleichzeitig eigentlich auch eine Bildungsreise.
„Die Stadt der Liebe“ - Was ist da dran? Natürlich habe ich zuvor nachgelesen, dass Paris diesen Ruf schon seit dem 18. Jahrhundert hat, als die Stadt das Zentrum der romantischen Kunstströmung war. Bei vergangenen Aufenthalten habe ich auch bereits erlebt, wie romantisch und malerisch die vielen Parks, Plätze und Restaurants sind und welch unverwechselbaren Charme diese haben - in Kombination mit der französischen Sprache, der Musik und dem Lebensgefühl das man dort spürt. Savoir-vivre.
Aber das mit der Liebe interessiert mich bei diesem Aufenthalt besonders.
Gibt es einen Grund, warum jeder weibliche Teenager und nahezu fast jedes verliebte Paar (siehe J.Lo und Ben Affleck) nach Paris will?
Frisch verliebt auf Städteurlaub wäre es ja eigentlich egal, wohin die Reise geht - da wird ohnehin jede Kleinstadt zur „cité de l’amour“.
Unterwegs als Ehepaar - gemeinsam mit unserer 10-jähriger Tochter - sind die Blickwinkel, von denen aus wir die Hintergründe der Stadt der Liebe erkunden, durchaus unterschiedlich.
Mit bis zu 18.000 Schritten pro Tag kommen wir an den vielen berühmten Plätzen und Brücken vorbei, die nicht nur vor Romantik und Schönheit strotzen, sondern auch vor den (tatsächlich) unzählbaren „Liebes-Schlössern“. Egal ob an Brückengeländern oder vor der Basilika Sacré-Cœur, ich bin erstaunt, dass diese Art von metallenem Liebesschwur immer noch so ungebrochen beliebt ist. Für meine Tochter ist das hingegen „logisch“ - die Sache mit der ewigen Liebe setzt sich ja bekanntlich früh in unseren Köpfen fest.
Warum uns diese „ewige“ Liebe so fesselt, lässt sich vor allem aus der Bindungsforschung erklären. Auch wenn Literatur, Film und Medien seit ihren Anfängen entscheidend zu dieser Sehnsucht beitragen.
Während wir an den Sehenswürdigkeiten vorbeispazieren und erneut dem Charme dieser Stadt komplett erliegen, versuchen mein Mann und ich herauszufinden, was denn Paris in Sachen Liebe nun speziell von Venedig oder Rom unterscheidet. Dabei stolpern wir beim Überqueren eines Zebrastreifens (natürlich ohne Beachtung der Ampeln, wir sind ja schließlich in Paris), fast in ein Paar hinein, das Mitten auf der Straße steht und sich dort so innig und „frisch verliebt“ küsst, dass wir alle drei Lächeln müssen.
Das Besondere daran?
Dieser Kuss fand fast wie in Zeitlupe statt, so zart, so langsam und so verzaubert vom Gegenüber - jeder Filmkuss hätte dagegen verloren. Man konnte kaum wegschauen, aber das war auch egal, denn der Rest der Welt war ohnehin ausgeblendet - Passanten, Straße, Autos - nichts war für die beiden in diesem Moment wichtiger als der andere.
Warum kann das nicht bei allen Paaren so sein und für immer so bleiben?
Was ist es, das nach der ersten so verbundenen Zeit in allen Beziehungen verloren geht?
Natürlich fällt uns schlauen Erwachsenen sofort eine Erklärung ein: „Die Hormone!“ - Oxytocin, Serotonin, Dopamin, Adrenalin, Cortisol und wie sie alle heißen, ja, die spielen nach wenigen Monaten der Verliebtheit eine viel ruhigere Rolle - zum Glück, denn diesen Stresszustand der totalen Verliebtheit würden wir körperlich nicht lange überleben.
Aber ist es ausreichend und gerecht, diesen großen Verlust allein der Neurobiologie in die Schuhe zu schieben? Hätten wir - schlauen Erwachsenen - da nicht auch ein Wörtchen mitzureden? Meine Antwort darauf ist ein klares: Ja, mit Sicherheit sogar!
Es geht um die Aufmerksamkeit.
Wenn wir uns fünf Minuten am Tag Zeit nehmen würden, um uns mit solcher Hingabe, in solcher Zeitlupe, mit so viel Konzentration und Fokus und unter völligem Ausblenden der Umwelt unserem Partner zu widmen, dann könnten wir diesen Zauber des Anfangs immer wiederbeleben, ja sogar dauerhaft am Leben erhalten. Und dazu müssen wir natürlich nicht in Paris mitten auf einer Straße stehen, nein, wir müssen unseren Partner in diesen fünf Minuten nicht einmal küssen.
Wir müssten ihm bzw. ihr „nur“ in die Augen schauen und das Gefühl vermitteln, dass gerade ALLES andere rund um uns keine Bedeutung hat, und wir mit niemandem auf der Welt diesen Moment gerade lieber erleben möchten.
Denn genau das ist die Antwort auf all unser Sehnen - völlig unabhängig von Alter, Coolness oder Beziehungsdauer.
Das könnte man „Pariser Romantik zum Mitnehmen“ nennen. Die funktioniert in Frankreich, New York oder Gmunden, auf dem Zebrastreifen, vor der Sacré-Cœur oder dem Kühlschrank.
Meine Frage zum Zauber der Stadt der Liebe bleibt anscheinend auch nach diesem Urlaub unbeantwortet. Das bringt das Thema „Liebe“ wohl einfach mit sich. Aber über den Zauber des Alltags hat es mich erneut nachdenken lassen:
Fünf Minuten am Tag so handeln wie frisch verliebt. Das kann sowohl dieses grandiose Gefühl des Anfangs zurückbringen, als auch die vielgesuchte Pariser Romantik in unsere Beziehungen importieren.
Jetzt müsste man es nur noch versuchen.
Wie man eine Trennung vorhersehen kann
Wie man eine Trennung vorhersehen kann
Eine Trennung vorhersehen - geht so etwas wirklich?
Ja das geht. Die Wahrscheinlichkeit dafür kann man aber nicht nur als Paarberaterin vorhersagen, das kann jeder von uns, wenn sie oder er weiß, worauf es dabei zu achten gilt.
Streit an sich sagt noch keine Ehekrise vorher, auch nicht, wenn häufig gestritten wird. Es geht vielmehr um die Art und Weise, WIE ein Paar miteinander streitet.
Genau genommen gibt es vier kommunikative Vorzeichen, die sich auf eine Beziehung im Laufe der Zeit vernichtend auswirken können.
Das sind im Grunde Kommunikationsfehler, die vier Formen von Negativität haben können:
1. Vorzeichen: KRITIK
Jeder Mensch beklagt sich - früher oder später - und - mehr oder weniger - über den eigenen Partner. Das liegt in der Natur des Zusammenlebens unter Menschen: Bedürfnisse und Befindlichkeiten sind nun einmal individuell und daher manchmal unterschiedlich.
Aber wo liegen die Grenzen?
Beklagen bzw. Beschweren bezieht sich auf eine bestimmte Situation, in der der Partner etwas anders gemacht hat, als man es sich gewünscht bzw. vorgestellt hätte.
Kritik geht aber darüber hinaus - sie fügt noch negative Kommentare hinsichtlich Charakter und Persönlichkeit des Partners hinzu.
Dazu gehören Schuldzuweisungen und generelle Verurteilungen. „Was ist bloß los mit dir?“ „Das ist wieder einmal typisch!“ „Dir ist das einfach alles egal!“ „Warum denkst du einfach nie daran?“ „Auf dich kann man sich nicht verlassen!“ „Du verstehst das einfach nicht!“.
Weitere deutliche Erkennungsmerkmale: „Immer“, „nie“ und „jedes Mal“.
Kommt dir das bekannt vor? Das ist nicht überraschend - Kritik kommt in den meisten Beziehungen vor. Das Gefährliche an kritischen Bemerkungen ist aber, wenn sie zur Gewohnheit werden und dadurch für folgende Vorzeichen den Weg ebnen:
2. Vorzeichen: VERTEIDIGUNG
Sich zu verteidigen und sich zu rechtfertigen ist eine logische Konsequenz von Kritik.
Trotzdem führt es nicht zum Erfolg.
Warum? Weil der angreifende Partner auch nach der Verteidigung nicht von seinem Standpunkt abrückt oder sich vielleicht sogar entschuldigt. Und zwar deshalb, weil Rechtfertigungen wiederum den angreifenden Partner beschuldigen. Das vermeintlich „Ausgleichende“ lässt den Streift oft erst recht eskalieren. Meist gilt der Grundsatz: je mehr der eine sich rechtfertigt, desto mehr greift der andere an. An diesem Punkt gewinnt niemand mehr.
3. Vorzeichen: VERACHTUNG
Augenrollen, Verhöhnen, moralische Vorhaltungen, Sarkasmus, Zynismus oder respektloser, abschätziger Humor - egal in welcher Form die Verachtung in der Paarkommunikation auftritt - sie ist immer brandgefährlich und vergiftet die Beziehung. Verachtung kann auch durch Mimik, Körpersprache oder abwertende Laute ausgedrückt werden. Und: Sie ist das gefährlichste Vorzeichen – für jede Beziehung.
Woher kommt sie?
Hinter Verachtung stehen lange bestehende negative Gedanken über den Partner, die auf ungelösten Schwierigkeiten basieren. Wenn man immer wieder über dasselbe Thema streitet, wird eine Beschwerde leicht zur Kritik (siehe erstes Anzeichen). Und je länger dieser Konflikt in Summe dauert, desto genervter und angewiderter wird man vom Gegenüber. Der Partner wird am Ende durch Verachtung herabgesetzt, um die eigenen Verletzungen zu kompensieren.
4. Vorzeichen: MAUERN
Während Kritik, Verteidigung und Verachtung sich abwechseln und dynamisieren, taucht das vierte Vorzeichen auf:
Einer der Partner klinkt sich aus.
Er (in diesem Fall sind es tatsächlich meist Männer, aber nicht nur) schaltet auf „Durchzug“, wendet sich ab oder verlässt den Raum.
Kommunikation lebt aber von zwei Menschen, bei denen einer spricht und der andere dem Sprechenden verschiedene Signale des Zuhörens gibt. Dazu gehören Blickkontakt, „Aha“, „Mhm“ oder Kopfnicken.
Mauern bedeutet Ignorieren. Keinerlei Regung. Man verhält sich, als ob es einem völlig gleichgültig ist, ob oder wovon der andere gerade spricht, ja sogar ob er in diesem Moment überhaupt existiert.
Woher kommt das?
Die Negativität der ersten drei Kommunikationsfehler wird irgendwann so groß, dass das Mauern einen Ausweg bietet, um Konflikte entweder zu vermeiden oder auszusitzen. Mauern ist aber auch ein Schutz vor der Flut an Negativität des Partners und der damit einhergehenden Verletzung. Ein Versuch, um sich in diesen Momenten emotional auf Abstand zu bringen.
John Gottman, amerikanischer Beziehungsexperte und einer der renommiertesten Paarforscher der Welt, nennt diese vier Vorzeichen die „Vier apokalyptischen Reiter“. Was bedeutet das?
Die Bibel erwähnt die vier apokalyptischen Reiter als Boten des nahenden Weltuntergangs.
Mein Tipp für dich:
Solltest du mehrere oder alle vier dieser „Reiter" in deiner Beziehung bemerken, kann eine Paarberatung dabei helfen, eure Kommunikation wieder in eine deutlich positivere Richtung zu bringen.
Quellenverweis: GOTTMAN, John: Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe, Ullstein 2014
Warum Emojis deine Beziehung verbessern können
Wenig Aufwand - große Wirkung:
Bindungsangebote in der Beziehung nutzen.
Mit den Menschen, die uns wichtig sind, Verbindung und Kontakt herzustellen, gehört zum menschlichen Grundbedürfnis nach Bindung.
Als Kinder zupfen wir die Eltern am Ärmel und rufen unzählige Male pro Stunde „Mama, Papa, schau mal!“ - und es scheint als ob wir davon nie genug bekommen könnten.
Dieses Bedürfnis nach wahrgenommen und gesehen werden, bleibt ein ganzes Leben lang bestehen. Dahinter steht nicht nur - wie oft fälschlicherweise vermutet - der Wunsch nach Anerkennung und Lob, sondern primär das noch viel tiefer liegende Bedürfnis nach Verbindung.
Etwas weniger drängelnd als das zupfende Kind, senden wir auch im Erwachsenenalter in unseren Beziehungen laufend - und meistens unbemerkt - solche Signale bzw. Wünsche nach Bindung in Richtung unseres Partners aus, und zwar verbal oder körperlich.
„Bid for Connection“ (Angebot zur Verbindung) nennt das der amerikanische Beziehungsexperte und einer der renommiertesten Paarforscher der Welt, John Gottman. Das Besondere an diesen Verbindungsangeboten ist aber nicht nur die Tatsache, dass wir sie aussenden, sondern OB und WIE wir auf sie reagieren.
„Wie war dein Tag?“
„Was denkst du gerade?“ „Warum seufzt du?“ Das sind keine nervigen Kontrollfragen, sondern Verbindungsangebote, die der Partner als diese erkennen und auch „nutzen“ kann - wenn sie oder er sich der Bedeutung bewusst ist.
Umarmungen
Abschieds- und Begrüßungsküsse, am Tisch die Hand des anderen nehmen, sich in der Küche im Vorbeigehen berühren: das sind alles Angebote für Verbindung. Aber auch bereits jedes aktive Anlächeln und jeder bewusste Blickkontakt zählen dazu.
Handy
Selbstverständlich betrifft das auch die mobile Kommunikation mit unseren Liebsten. Wenn es sich nicht gerade um Terminabsprachen und die dringliche Bitte nach Essenseinkäufen handelt, geht es beim „Schreiben“ und der Kontaktaufnahme im wahrsten Sinne um Verbindung - das gilt auch für jedes Emoji, auf das wir reagieren bzw. das wir mitsenden - oder eben nicht. Wie oft lächeln wir nach einer netten Nachricht noch kurz den Bildschirm an, legen dann aber das Handy zur Seite?
Unsere (Nicht-) Reaktion hat Bedeutung.
Kontostand
Jedes Mal wenn wir auf ein Verbindungsangebot unseres Partners eingehen, zahlen wir auf unser Beziehungskonto ein. Jedes Mal wenn wir nicht reagieren, uns wegdrehen, nicht den Blick oder das Lächeln erwidern, das Handy ohne Antwort weglegen oder den anderen mit einem kurzem „Alles ok“ abwimmeln, heben wir sinngemäß Geld von unserem Beziehungskonto ab und reduzieren den Kontostand.
Mehr ist mehr
Ein hoher Kontostand schafft neben der emotionalen Verbindung Vertrauen, Zufriedenheit und eine stabile Partnerschaft, die viel resilienter mit Krisen umgehen kann. Ein Minus am Konto sorgt für zunehmende Distanz und Entfremdung. Das ist einer der wesentlichen Unterschiede zwischen "guten" und "schlechten" Beziehungen.
Wieviele verbindende „Bälle“ deines Partners fängst du auf? Wieviele wirfst du ihm zu? Und wie hoch ist dein Kontostand?
Quellenverweis: GOTTMAN, John: The Relationship Cure. Random House, 2002
Ist die Liebe unsere neue Religion und erwarten wir zu viel von ihr?
Ist die Liebe unsere neue Religion?
Erwarten wir von der Liebe zu viel?
Viele Beziehungen scheitern, weil absolute Liebe, absolute Treue und absolutes Verständnis utopisch sind. Bei meinen Analysen durch unterschiedliche Liebestheorien taucht dazu ein Aspekt immer wieder auf: die Erwartungshaltung an die Liebe. Denn die Liebe erfülle heutzutage einen großen Teil dessen, was früher der Religion zugeschrieben wurde.
Wie ist das gemeint?
Religion gab zu allen Zeiten (und in allen Glaubensrichtungen) vor, Gläubige von ihrer Angst zu erlösen – mit dieser Erwartung haben sich die Menschen auch an die verschiedenen Religionen, Priester, Geistlichen und Gottheiten gewandt. An wen aber wenden sich die Menschen heute, wo die Religion bei weitem nicht mehr die gleiche Rolle spielt wie in früheren Jahrhunderten?
Liebe mich wie ich bin!
Viele dieser Grundbedürfnisse und Sehnsüchte der Menschen wurden auf die Liebe übertragen und werden heutzutage vom Liebespartner erwartet: Rechtfertige meine Existenz und erkenne mich unabhängig vom Urteil der anderen als den, der ich wirklich bin. Erlöse mich von jeglicher Angst. Lass mich ganz aufgehoben sein. Liebe mich, wie ich bin.
Das kann (und will) aber kein irdischer Liebespartner leisten. Bei Erwartungen in dieser Größenordnung kann man nur versagen, bzw. sich betrogen fühlen. Was folgt, ist meist eine unendlich große Enttäuschung – ohne dabei zu erkennen, dass man nur von einer Täuschung befreit wurde.
Der falsche Partner!
Die Gründe für diese Enttäuschung werden danach (wo sonst?) beim Partner gesucht – und in ausreichender Menge auch dort gefunden. Ein anderer Partner, ein besserer, ein wirklich zu mir passender und für mich bestimmter Partner hätte diese Fehler mit Bestimmtheit nicht.
Viele Ehen und Beziehungen scheitern aus dem Grund, weil die Partner gegenseitig etwas Absolutes, etwas Perfektes voneinander erwarten. Absolute Liebe, absolute Treue, absolutes Verständnis – die Enttäuschung ist vorprogrammiert.
Was dann oft folgt ist das „Noch-einmal-von-vorne-Beginnen“, das einen Teil der heute üblichen seriellen Monogamie (das heute übliche Modell der Lebensabschnittspartner) ausmacht. Wenn man die eigenen Erwartungen nie kritisch hinterfragt, werden in der neuen Beziehung alle Erwartungen „ganz einfach“ auf den neuen Partner umgelegt.
Was erwarten die Menschen von der Liebe und sind diese Erwartungen überhaupt erfüllbar?
Virginia Satir, eine der bekanntesten amerikanischen Psychotherapeutinnen und „Mutter der Familientherapie“, bewertet die Erwartungshaltung an Beziehungen nicht nur als wesentlich, sondern auch als wesentlich für den Erfolg von Beziehungen. Männer und Frauen haben meistens sehr klare Hoffnungen und Erwartungen an den Partner und die Beziehung. Unabhängig davon ob sie diese Werte bei ihren eigenen Eltern gelernt haben.
Scheitern viele Beziehungen an unrealistischen Erwartungen an die Liebe?
Ja. Oder viel eher: die Liebe scheitert meist an den Anforderungen des Lebens. Denn Liebe allein kann nicht alles erfüllen – es müssen Wissen, Intelligenz und Bewusstsein dazukommen. Und noch wichtiger: der Fokuswechsel von zwei auf drei Teile in der Beziehung: Du, Ich und Wir. Dabei sollte jeder Teil die beiden anderen fördern. Also nicht nur beide Partner fördern sich gegenseitig (Du, Ich) und die Beziehung (Wir), sondern auch das Gemeinsame (Wir) fördert die einzelnen Personen. Wie zwei Menschen in einer Partnerschaft mit diesen drei Bereichen umgehen, entscheidet darüber, ob die Liebe funktioniert oder nicht.
Was für eine gute Nachricht – denn dieses Umgehen miteinander kann man lernen.
Was erwartest du von deinem Partner?
Quelle:
THALER, Anna: "Die Rolle der Liebe in der Paarberatung", Diplomarbeit LSB 2019-2021, Institut Huemer
Quellenverweise:
HOLZEY-KUNZ in WILLI, Jürg / LIMACHER, Bernhard (Hrsg.): Wenn die Liebe schwindet. Möglichkeiten und Grenzen der Paartherapie. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart, 2005
SATIR, Virginia: Selbstwert und Kommunikation. Familientherapie für Berater und zur Selbsthilfe. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart, 1975
WILLI, Jürg: Psychologie der Liebe. Persönliche Entwicklung durch Partnerbeziehungen. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart, 2002; 19. Auflage 2015
Was hat unser Bindungsverhalten mit Beziehungen zu tun?
Die Liebe aus Sicht der Bindungstheorie: Warum lieben wir wie wir lieben?
Ist die Art wie wir lieben bereits in uns angelegt? Oder lernen wir die Liebe?
Ausgehend von der Bindungstheorie (entwickelt von Psychoanalytiker und Kinderpsychiater John Bowlby und der Psychologin Mary Ainsworth in den 1950er Jahren) ist es hauptsächlich zweiteres.
Wir lernen die Liebe anhand unserer ersten Liebesbeziehung und diese findet zwischen Eltern und Baby bzw. Kleinkind statt. Diese frühen Erfahrungen mit den ersten und auch intensivsten Liebespartnern beeinflusst unser Leben und unsere Liebesbeziehungen ein Leben lang.
Durch die Art und Weise, wie sich Eltern um ihre Kinder in den ersten Lebensjahren kümmern - ob den Kindern Liebe und Zuwendung geschenkt wird, ob sie streng behandelt oder wenig beachtet werden - lernen wir, was wir von den Menschen, die wir lieben, erwarten können und was nicht. Wir lernen wieviel Nähe wir zu anderen zulassen können, ob wir einen eigenen Willen haben dürfen, ob wir uns unterordnen oder anpassen müssen, ob wir den Menschen die wir lieben vertrauen können oder ob wir besser auf Abstand bleiben. Ob wir auch geliebt werden, wenn wir nicht immer brav sind oder ob wir uns unsere Liebe erarbeiten müssen.
Diese Grundlagen begleiten uns unser Leben lang und von ihnen hängt ab, wie gut Beziehungen im Erwachsenenalter gelingen. Diese können niemals losgelöst von den Kindheitserfahrungen betrachtet werden. Das Kind von damals beeinflusst das erwachsene Beziehungsgeschehen von heute.
Dieses „Innere Kind“ in uns mischt sich so lange in unsere aktuellen Probleme ein, bis wir uns über seine Existenz und seinen großen Einfluss auf uns bewusst sind. Bis dahin führen wir immer wieder die gleichen Konflikte, ziehen die gleichen (enttäuschenden) Schlüsse über unser Gegenüber, suchen an den falschen Orten nach Lösungen und Ursachen und verzweifeln an uns selbst, am Partner und an der (jeweils aktuellen) Beziehung.
Wenn wir von Beziehungsarbeit sprechen, reicht es daher meistens nicht aus, negative Verhaltensmuster zu verändern oder Kommunikationsregeln zu lernen – so sinnvoll und hilfreich diese Maßnahmen auch sind. Entscheidend ist es, die eigenen, früh entstandenen Prägungen genau kennenzulernen und ihren Einfluss auf das eigene Beziehungsverhalten zu verstehen.
Bei Erwachsenen kann man folgende Bindungsstile unterscheiden:
- Ängstlich „Liebe muss man sich verdienen – ich bin nicht gut genug!“
- Vermeidend „Bitte Abstand halten – Nähe zerstört meine Unabhängigkeit!“
- Desorganisiert „Komm her, geh weg!“
- Sicher „Keine Angst vor Nähe oder Distanz.“
Bindung betrifft uns alle
Wenn es um den Bindungsstil geht, geht es um ganz normale menschliche Bedürfnisse nach Nähe, Geborgenheit, Zuneigung und Zugehörigkeit und unseren früh erlernten Umgang damit.
Davon sind aber selbstverständlich nicht nur Menschen in dauerhaften Partnerschaften betroffen, sondern natürlich auch Singles und Menschen, die immer wieder das Gefühl haben an den Falschen zu geraten: „Die, die mich wollen, die will ich nicht und die, die ich will, die wollen mich nicht.“
Was ist die Lösung?
Je besser man seinen eigenen Bindungsstil kennt, desto genauer weiß man, wie er unser Verhalten in schwierigen Beziehungssituationen beeinflusst und desto bewusster kann man damit umgehen. Und: Beziehungsfähigkeit lässt sich lernen!
Quelle:
THALER, Anna: "Die Rolle der Liebe in der Paarberatung", Diplomarbeit LSB 2019-2021, Institut Huemer
Quellenverweise:
NUBER, Ursula: Der Bindungseffekt. Wie frühe Erfahrungen unser Beziehungsglück beeinflussen und wie wir damit umgehen können. Piper Verlag, München, 2020
Seit wann gibt es Liebe in der Ehe?
Die geschichtliche Entwicklung der Liebe
Was ist Liebe? Diese Frage beschäftigt uns seit Menschengedenken. Bereits in der Philosophie der Antike, also vor rund 2.500 Jahren, hat Platon die Grundschemata zur Erklärung der Verliebtheit und ihren Verlauf in seinem Werk Symposion entworfen.
Bekannt geworden ist aber vor allem Platons Bildnis aus der Rede des Aristophanes, nach dem anfänglich zwei Menschen zu einem Doppel- bzw. Kugelwesen zusammengewachsen waren, die aufgrund ihrer Vollkommenheit von so großer Kraft und Stärke waren und von so hohem Selbstgefühl, dass sie sich sogar an die Götter heranwagten. Um dies zu verhindern, schnitt Zeus (der Göttervater) die Menschen in zwei Hälften, der Nabel galt fortan als Denkzeichen dieses Eingriffs. Ab diesem Moment suchte jede Hälfte nach ihrer zweiten, und da die Hälften nicht mehr zusammenwachsen konnten, starben sie vor Sehnsucht nacheinander.
Die Liebe ist in ihrer ältesten Beschreibung also etwas, das wir schon einmal besessen haben, und zu dem wir wieder zurückwollen.
Die romantische Liebe, so wie wir sie heute kennen, kam erst vor rund 250 Jahren nach Europa. Genauer gesagt die Vorstellung, dass partnerschaftliche Liebe das Leben mit Sinn erfülle. Aber der Weg, den die Liebe bis dorthin nahm, war ein durchaus weiter. Bereits in der Steinzeit gründeten zwei Partner eine Familie. Einige Forscher vermuten aber, dass sie Beziehungen nur aus praktischen Gründen eingingen, und nicht aus Liebe. Je größer eine Familie war, desto mehr Arbeiter konnten sich um Nahrung kümmern, und desto mehr Krieger gegen Feinde kämpfen. Die Familie war also eine Überlebensversicherung.
Die Römer und die Griechen haben in der Antike Ehe und Familie von Eros und Liebe streng getrennt. Ehen waren arrangiert, „Liebe“ bedeutete wechselseitige Verpflichtungen zu erfüllen. Intime Beziehungen und die leidenschaftliche Liebe wurden von den Griechen vor allem unter Männern gelebt – und gepriesen. Ehe war ausschließlich für die Gründung von Nachwuchs gedacht. So schrieb der griechische Dichter Pallatas: „Die Ehe beschert einem Mann zwei glückliche Tage: Den, an dem er seine Braut zu Bett bringt – und den, an dem er sie zu Grabe trägt“.
Etwa 300 nach Christus, als der christliche Glaube sich in Europa ausbreitete, und mit ihm die These, dass Liebe einzig Gott gelten kann, wandelte sich das Bild radikal. Erotik und Leidenschaft befleckten nach christlicher Ansicht den Geist, und gefährdeten die Liebe zu Gott. Liebe (zu Gott) war eine himmlische Gnade und Sex ein teuflischer Trieb. Frauen wurden grundlegend verachtet und über viele Jahrhunderte hin verfolgt.
800 Jahre später erwachte die Sehnsucht nach Romantik an den französischen Fürstenhöfen. Troubadoure zogen von Hof zu Hof und besangen die Minne – die selbst gewählte und begehrte Liebe. Aber auch dies geschah weiterhin außerhalb der Ehe. Die „Kunst der hohen Minne“ (vereinfacht gesagt die Kunst des Werbens eines Mannes um eine Frau) in der Renaissance ähnelte unserer Vorstellung von romantischer Liebe bereits sehr, diese begann sich aber erst langsam mit der industriellen Revolution im 18. Jahrhundert zu entwickeln.
Erst ab dem Kapitalismus begann Mann, Frauen als „gleichwertig“ zu betrachten. Durch Erwerbsarbeit löste sich nach und nach die Großfamilie auf und vor allem in den Industriestätten emanzipierten sich die Frauen – zumindest schrittweise.In dieser Zeit rasanter Entwicklungen und großer Umbrüche suchten die Menschen nach Beständigkeit und Sicherheit, und fanden diese im Ideal der freien und wahren Liebe. Die tief erfahrene Bindung zwischen Mann und Frau brachte Halt und ein wenig Ordnung in die damalige Zeit. Seit damals galt: einen Seelenverwandten zu finden und zu heiraten war das höchste Ziel.
Die Idee der romantischen Liebe war damals ein „Hype“ wie man heute sagen würde. Adolph Freiherr von Knigge empfiehlt 1788 in seiner Schrift „Über den Umgang mit Menschen“ eindringlich, den Ehepartner aus Zuneigung zu wählen. Brockhaus definierte in seinen vier Auflagen zwischen 1817 und 1827 die Ehe als „lebenslängliche Verbindung zweier Personen verschiedenen Geschlechts, die ihre Vollkommenheit auf Liebe beruht“. Die Liebesheirat wurde quasi zu Norm.
Ehe ohne Liebe galt plötzlich als unmoralisch. Die Kunst, Dichtung und Philosophie setzten sich mit dem Sinn der Liebe auseinander. „Liebe ist das Anschauen der Individualität“ schrieb der Philosoph Friedrich Schleiermacher. Liebe sei ein Gefühl, das wir empfänden, wenn wir in einem anderen Menschen „das Bild des Unendlichen“ erblickten, schrieb Goethe. Für Romantiker spiegelte sich in der Liebe nicht nur die eigene Individualität, sondern auch die ganze Welt. Diese Vorstellung lebt bis heute weiter.
Aber auch in den letzten Jahrzehnten hat sich vieles an der Rolle der Liebe in Beziehungen verändert. In den 1970er und 80er Jahren wurden – aufgrund der über viele Jahrzehnte lang sehr traditionell und starr gelebten Ehen trotz Liebesheirat – Scheidungen als ein Zeichen von Mut und Selbstbestimmung gesehen. Die erstrebte Freiheit ließ sich oft nur durch eine Scheidung erreichen, was zu einer sehr misstrauischen bzw. defensiven Grundhaltung gegenüber dem Verliebtsein und der Liebe führte. In dieser Zeitspanne kam es tendenziell wieder zu einer Entzauberung der romantischen Liebe.
Eine Wiederaufwertung von Verliebtsein und den damit einhergehenden starken Emotionen kam in etwa um die Jahrtausendwende. Man hatte damals die Angst, man könnte das Leben – und eben das intensive Erleben von Liebe – durch eine zu defensive Haltung verpassen. Bedingungslose Hingabe in der Liebe, das Zulassen von Intensität, und Abenteuer in hochemotionalen sexuellen Beziehungen wurden wieder gesucht. Von der zuvor angstbesetzten Kontrolle starker Gefühle wurde versucht Abstand zu nehmen. Das Sehnen rückte wieder in den Mittelpunkt. Das eigene Leben sollte durch die Liebe aus der Mittelmäßigkeit gehoben werden, und dem Leben Sinn, Ziel und Besonderheit geben.
Quelle:
THALER, Anna: "Die Rolle der Liebe in der Paarberatung", Diplomarbeit LSB 2019-2021, Institut Huemer
Quellenverweise:
RIEHL-EMDE, Astrid: Liebe im Fokus der Paartherapie. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart, 2003
WILLI, Jürg: Die Zweierbeziehung. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 1990; 5. Auflage 2020
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